Walddörfer Journalist entdeckt per Schiff die Welt
WALDDÖRFER/ALSTERTAL Seit knapp zwei Monaten bereist Julian Voigt, Journalist aus den Walddörfern, an Bord eines Kreuzfahrers die Welt. Kap Horn hat er umrundet, die Osterinsel durften die Weltreisenden nicht betreten, haben aber Nachfahren echter Meuterer kennengelernt.
Von Julian Voigt
Nicht nur bei der berühmt-berüchtigten Passage rund um Kap Horn hat unser schneeweißer Dampfer mächtig geschaukelt. Auch zu Beginn in der Biscaya und zuletzt im östlichen Pazifik hatten wir ordentlich Seegang. Mich stört das besonders nachts im Bett, wenn ich nicht sehen kann, wie schlimm die Lage eigentlich ist. Für tagsüber habe ich eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Dann ist es eher lustig, im Whirlpool zu sitzen, wenn das Wasser abwechselnd links und rechts überschwappt, denn hier spürt man den Seegang viel weniger als außerhalb. Was da schaukelt, ist ja gerade nicht das Pool-Wasser, sondern nur das ganze große Schiff drumherum. Wer leicht seekrank wird, dem sei also empfohlen, stürmische Tage im Whirlpool zu verbringen.
Die Pandemie und andere globale Unbilden stellen die Mannschaft des Schiffes vor immer neue Herausforderungen: gesperrte Inseln, unterbrochene Lieferketten, Passagiere in Isolation. Weil bei der jüngsten Test-Aktion an Bord unseres Kreuzfahrtschiffes rund 60 Gäste corona-positiv waren – allesamt ohne Symptome – verweigerten die chilenischen Behörden auf der Osterinsel uns den Zutritt. Was waren wir alle enttäuscht!
Doch Kapitän Felix Rothe hatte ein dickes Trostpflaster für uns auf Tasche, ein richtiges As im Ärmel: Wir nahmen stattdessen Kurs auf Pitcairn. Das ist die ehemals unbewohnte Insel, welche die Meuterer von der Bounty Ende des 18. Jahrhunderts nach vollbrachter Tat für sich entdeckten und wo sie Zuflucht fanden. Die heutigen 42 Einwohner von Pitcairn sind Nachfahren der Meuterer, die sich damals zwecks Fortpflanzung junge Südsee-Frauen von einer Nachbarinsel herangeholt hatten. Zwar konnten wir Pitcairn nicht betreten, weil der Bootsanleger selbst für die Tenderboote unseres Dampfers zu klein ist. Aber 30 Pitcairner kamen mit ihrem kleinen Boot zu uns, bauten auf dem Pooldeck ruckzuck einen Markt auf, wo wir ihren Honig, Briefmarken, T-Shirts, Schnitzereien und allerlei mehr kaufen konnten. Und ebenso wie ich gönnten sich viele Passagiere den Gag, für zwölf Euro Gebühr den Pitcairn-Stempel in ihren Pass drücken zu lassen.
Inzwischen liegen wir im Hafen von Papeete auf Tahiti und haben ein Versorgungsproblem: Die bestellten Container mit dem Proviant stehen nicht am Quai bereit. Der Reederei blieb daher nichts anderes übrig, als einen Frachtflieger zu chartern und unsere Frikadellen von Hamburg halb um die Erde nach Tahiti zu schicken. Eins steht aber fest: Zu Weihnachten werden wir das Schnorchelparadies Mystery Island anlaufen. Meine Taucherbrille liegt bereit. Ich freu mich drauf.
Last modified: 19. Januar 2023