Im Biogas- und Kompostwerk Bützberg leisten Bakterien ganze Arbeit
TANGSTEDT Kurz hinter der Stadtgrenze gibt es doch noch ein Stück Hamburg: Am Wulksfelder Damm, zwischen Duvenstedt und Segeberger Chaussee, betreibt die Stadtreinigung das Biogas- und Kompostwerk Bützberg. Hier landen seit 1995 die Inhalte aus den Hamburger Biotonnen. Sie werden in einem ausgeklügelten Verfahren zu erstklassigem Kompost und seit 2012 auch zu Biogas. Obstreste, Grünabfall, Kaffeesatz und Eierschalen sorgen so in einem natürlichen Recycling-Kreislauf wieder für frische Erdbeeren und warmes Wasser.
Von Matthias Damm
Ein Stadtreinigung-LKW nach dem anderen fährt auf die Waage an der Einfahrt zum Biogas- und Kompostwerk. Alles, was an Abfällen aus Hamburgs Biotonnen auf den Hof kommt, wird erfasst. Bis zu 70.000 Tonnen sind das pro Jahr, inklusive der ungezählten Weihnachtsbäume. Riesige Mengen, auf die man hier mit riesigen Lagerhallen vorbereitet ist.
Im Zwei-Schichtbetrieb bringen die Radlader den Bio-Müll in die Anlieferhalle. Hier riecht es, als ob man seine Nase tief in eine Biotonne steckt: Angenehm geht anders, für die Arbeiter in Bützberg ist es längst Routine. Grobe Störstoffe werden jetzt schon entfernt, bevor es auf ein raffiniertes System von Förderbändern und Sieben geht, um Fremdstoffe wie Plastik und Metalle zu entfernen. Dabei zerkleinern Schneckenwalzen wie ein großer Gartenhäcksler den wertvollen Rest in Teile kleiner als acht Zentimeter. „Jetzt ist das Material bereit, um zunächst daraus Biogas zu gewinnen“, sagt Werksleiterin und Diplombiologin Dr. Anke Boisch. „Dafür bringen wir es in eine der 21 luftdicht geschlossenen Fermenter-Boxen, jede so groß, wie eine Garage für zwei Sattelzüge.“ Ein Milliardenheer von Methan erzeugenden Bakterien, das sich bei 40 Grad besonders wohlfühlt, geht jetzt 15 bis 17 Tage ans Werk und gewinnt aus der Biomasse Biogas. „Dieses Bio-Rohgas fangen wir in Gasspeichern auf. Es wird aufbereitet und als Biomethan in das örtliche Gasnetz eingespeist. Mit dem Gas aus Bützberg produzieren wir soviel Energie, wie etwa 10.000 Haushalte pro Jahr an Strom verbrauchen“, so Anke Boisch.
Erst die Gasgewinnung, dann wird kompostiert
Aber Biogas ist nur die halbe Miete beim Recycling in Bützberg, denn jetzt werden die Gärreste zum Verrotten in einer 140 Meter langen und 30 Meter breiten Halle zu Kompost-Mieten (ein Wort, zwei Bedeutungen) aufgehäuft. Der Chef in dieser gigantischen Halle ist „Wendelin“, ein drei Meter großes Schaufelrad, das die Bioabfälle nun zwei Mal pro Woche umschichtet und bewässert. „Zusätzlich sorgen eine ständige Sauerstoffzufuhr und eifrige Bakterien und Pilze bei über 60 Grad dafür, dass nach vier bis fünf Wochen ein gesiebter, erstklassiger und mit Prüfsiegel zertifizierter Kompost in den Verkauf kommt, seit 1995 rund 340.000 Tonnen“, sagt Anke Boisch, die sich im Studium auf Bodenkunde spezialisiert hat. „Wenn man es genau nimmt, ist Kompostieren eigentlich das älteste Recycling in der Geschichte der Menschheit! Am Ende der Biomüllbehandlung bei uns gibt es dann in jedem Recyclinghof für 3,50 Euro einen 30-Liter-Sack Kompost.“ Für einen nachhaltigen Recycling-Kreislauf voller Energie.
Last modified: 14. Juli 2021