Sebastian Conrad rückt beherzt den Corona-Pfunden zu Leibe
VOLKSDORF Es geht wieder los: Fitness-, Sport- und Yogastudios haben in Hamburg unter Auflagen ihre Innenbereiche geöffnet. Doch wie ist es, unter Corona-Bedingungen Indoor Sport zu treiben? Sportredakteur Sebastian Conrad (52) hat im Gesundheits- und Fitnessstudio des Walddörfer SV (WSV) einen dreistündigen Selbsttest gemacht.
Von Sebastian Conrad
Es ist 16.40 Uhr und ich habe noch etwas Zeit für einen Corona-Schnelltest. Der Barcode am Eingang des Testzentrums an der Halenreie 32-34 ermöglicht mir eine kurzfristige Registrierung. Fünf Minuten später ist alles erledigt und ich warte im Foyer des Sportstudios auf mein digitales Testergebnis – negativ! Es kann also losgehen.
Eine freundliche Dame an der Rezeption erwartet mich bereits und wenige Augenblicke später reicht mir Studioleiter Lars Melzner seinen Ellenbogen. „Moin, dann wollen wir mal starten”, sagt der junge Mann hinter der Maske. Diese Ansprache gefällt mir. Bevor ich eine Schrankmarke erhalte, wird nach meinem negatives Testergebnis gefragt. Die Umkleidekabinen sind sauber und gepflegt und ich bin bisher der einzige Sportler weit und breit. Das ändert sich wenige Minuten später als mir Melzner meinen heutigen Trainer vorstellt: „Das ist Boris. Einer der Erfahrensten in unserem coolen Trainerteam.” Boris grinst mich an und eines steht außer Zweifel: Boris sieht topfit aus.
Ich schaue mich um: Auf der Fläche des Sportstudios stehen rund 25 Geräte und Stationen. In einem Nebenraum sehe ich weitere Fitnessgeräte, Matten und Materialien. Laut Hamburger Verordnung muss das Studio einen Abstand von 2,50 Meter zwischen den Sportlerinnen und Sportlern gewährleisten und es darf nur eine Person je zehn Quadratmeter Fläche trainieren. Das sollte hier definitiv einzuhalten sein. Auffällig ist die wenig sterile Atmosphäre des Studios und der freundschaftliche Umgangston der Mitarbeiter.
Vor dem Training erstmal Analyse
Ich habe Lust auf Bewegung. Allerdings bremst Boris vorerst meinen Elan: „Wir starten bei Neulingen immer mit einer Eingangsanalyse.” Während er mir das Verfahren erklärt, schnappt sich Boris ein Klemmbrett und befragt mich zu meinen Vorerfahrungen, gesundheitlichen Vorbelastungen, Trainingszielen und gibt eine erste Einschätzung ab, wie wir einen geeigneten Trainingsplan für mich aufsetzen. Schnell wird klar, dass die Coronakrise auch an meinem Fitnesszustand nicht spurlos vorübergegangen ist. BMI 28, vier Kilo Übergewicht und ein zu hoher Fettanteil im Körper. Das muss besser werden, denke ich. Während ich noch über meine Defizite nachdenke, konzipiert Boris mögliche Trainingsziele und bespricht diese anschließend mit mir. Hierbei agiert er behutsam und ich merke schnell, dass ihm nicht daran gelegen ist „sein Ding” durchzuziehen.
Während ich mich auf einem der zahlreichen Crosstrainer warmlaufe, erklärt mir Lars Melzner das Studiokonzept. „Egal ob Muskelaufbau, Ausdauerverbesserung oder Rückenkräftigung – wir begleiten unsere Sportler zu ihren Trainingszielen. Hierbei steht das soziale und sportliche Miteinander im Vordergrund und nicht der Druck, möglichst viele Mitgliedschaften abzuschließen.” Dieser Ansatz leuchtet mir ein und spiegelt sich auch in der vereinsmäßigen und persönlichen Atmosphäre im Studio wider. Trotz allem hat auch der WSV – wie so viele andere Vereine und Sportstudios – mit Austritten und sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen. „Wir bleiben zuversichtlich und stellen seit einigen Tagen fest, dass mehr und mehr Menschen ihre Zurückhaltung ablegen. Hierzu zählen auch Aktive, die ihre Mitgliedschaft in den vergangenen Monaten nicht genutzt oder sogar gekündigt haben”, berichtet Melzner.
Nach der Eingangsanalyse und einem ausführlichen Warm Up starten wir auf einem Rudergerät mit einer Rückeneinheit. Zum Glück darf man auf den Geräten die Maske abnehmen, denn der Schweiß läuft mir sturzbachartig vom Kopf. Es folgen weitere Kräftigungs- und Rotationsübungen, ein ausführliches Kurzhanteltraining sowie zwei Übungen zur Kräftigung meiner schlappen Brustmuskulatur. Boris nimmt sich viel Zeit, um mir jede Übung genau zu erklären und – soweit notwendig – mich zu korrigieren. Vor jedem Gerätewechsel desinfizieren wir alle Gegenstände ausführlich.
Nach 90 Minuten wird es entspannt
Nach rund 90 Minuten Training freue ich mich auf die abschließenden Dehnungs- und Entspannungsübungen. Mit Abstand, effektiv und unterhaltsam. Nach rund drei Stunden schenke ich mir die einladende Dachterrasse mit Sauna und freue mich auf eine kühle Dusche. Hier denke ich über das Erlebte noch einmal nach und ziehe ein kleines Fazit: Das Hygienekonzept des Studios funktioniert. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich unwohl gefühlt, die familiäre Atmosphäre beim Training war angenehm und der Studioleiter hatte nicht zuviel versprochen – Boris ist wirklich ein erfahrener und cooler Trainer.
Last modified: 23. Juni 2021