Frauke Hannes vom Landeskriminalamt warnt vor dem Call-Center-Betrug an Senioren
WALDDÖRFER/ALSTERTAL Beim Call-Center-Betrug geben sich Kriminelle am Telefon als Polizisten aus und wickeln gerade ältere Menschen geschickt um den Finger. Ihre Masche ist so professionell, dass viele Opfer am Ende ihr gesamtes Erspartes verloren haben. Die Scham bei den Geprellten ist groß. Frauke Hannes vom LKA bittet: „Gehen Sie auf jeden Fall zur Polizei. Jeder Tipp kann helfen, die Täter zu überführen.“ Wie man sich schützt? Das erklärt die Kriminalbeamtin im Interview mit dem Heimat-Echo.
Von Susanne Holz
Frau Hannes, wie genau funktioniert der Call-Center-Betrug?
Kriminelle haben es hierbei besonders auf ältere Menschen abgesehen. Ihre Telefonnummern haben sie meistens aus Telefonbüchern und schauen dort gezielt nach Namen, die auf eine ältere Generation schließen lassen. Bei einem Anruf geben sie sich als Polizisten aus und fordern Hilfe an.
Um was geht es konkret?
Die potenziellen Opfer werden in der Regel durch mehrere Anrufe in die Geschichte verstrickt. Sie werden zur absoluten Geheimhaltung aufgefordert. Der Anrufer – ein vermeintlicher Polizist – erzählt, dass man Teile einer Einbrecherbande festgenommen habe. Bei dieser Bande habe man eine Liste mit Adressen gefunden, auch die Anschrift des gerade Angerufenen. Nun befürchte die „Polizei“, dass ein Einbruch geplant sei. Gezielt fragt der Anrufer nach Wertsachen, Geld, Schmuck oder Gold. Befindet sich der Hauptteil des Vermögens im Haus, sagt er dem Senior, dass es zu Sicherungs- und Überprüfungszwecken Polizeibeamten übergeben werden müsse.
Und wenn das Ersparte auf einem Konto liegt oder in einem Schließfach?
Dann wird die Geschichte noch perfider. Der vermeintliche Polizist gibt an, dass Bankmitarbeiter in die Sache verstrickt seien und Kontakt zu den Einbrechern hätten. Auch wären regionale Polizeibeamte in die Sache verstrickt. Man könne diese nicht um Hilfe bitten. Um sein Vermögen zu sichern, sollte der Senior es nun unbedingt abheben, der „Polizei“ übergeben und so helfen, ein Verbrechen aufzuklären.
Warum fallen einige auf diese Geschichte rein, übergeben tatsächlich Schmuck und Gold oder heben Erspartes vom Bankkonto ab?
Die Täter sind professionell und geschult. Sie schaffen es durch geschickte Gesprächsführung, ihre Geschichte plausibel klingen zu lassen. Wir wissen bislang, dass die Täter zurzeit aus Call-Centern in der Türkei heraus arbeiten. Sie sprechen perfekt Deutsch und haben Hunderte solcher Gespräche geführt. Sie wissen, wie man Menschen um den Finger wickelt und nutzen Voraussetzungen, die Senioren häufig mitbringen, wie zum Beispiel allein lebend, am Tag zu Hause oder Schwerhörigkeit aus.
Die Täter rufen aus der Türkei an. Erscheint dann auf dem Telefondisplay in den Walddörfern und im Alstertal nicht eine fremde Nummer?
Nein. Die Täter setzen gezielt moderne Technik ein. Dies ermöglicht, dass eine vom Täter gewählte Nummer im Display erscheint, wie zum Beispiel die Nummer der nahegelegenen Polizeiwache. Die 110 ist ihnen jedoch nicht möglich! Allerdings, zur Überprüfung ihrer „Echtheit“, bieten sie häufig an, dass die Angerufenen die 110 selber anrufen. Mit einer # davor oder nach einem Piepton. Praktischerweise müsse man dafür gar nicht auflegen, könne direkt in der Leitung bleiben, werde weitergeleitet. Folgt der Senior dem Rat, hört er tatsächlich andere Hintergrundgeräusche. Es klingt, als sei er in einer Leitstelle gelandet.
Das klingt unglaublich.
Zuweilen geben die Täter sogar an, dass gleich ein Peterwagen am Haus des Seniors vorbeifahren werde. Es soll ein Beweis dafür sein, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Der Peterwagen fährt aber nur deshalb wenig später am Haus vorbei, weil die Täter einen Notruf abgegeben haben, die die echte Polizei auf den Plan ruft.
Legen denn nicht viele ältere Menschen einfach auf?
Das nehmen die Täter sportlich. Aus jedem Gespräch lernen sie und wissen, wie sie es beim nächsten Mal besser machen müssen.
Wie hoch ist der Schaden, der mit dem Call-Center-Trick entsteht?
Allein 2018 lag er bei 50 Millionen Euro in ganz Deutschland. Es gab gemeldete 42.000 Anrufe dieser Art, und man kann davon ausgehen, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist.
Wie kann man sich als Senior schützen?
Jeder ältere Mensch sollte sich darauf vorbereiten, dass auch ihn so ein Anruf ereilen kann. Ganz wichtig zu wissen: Die richtige Polizei fragt Sie nicht nach Ihren Vermögensverhältnissen oder Ihrem Kontostand. Niemals! Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl und lassen Sie sich nicht von fremden Menschen unter Druck setzen. Hier gilt: Auflegen! Und danach die Polizei anrufen! Ein gesundes Misstrauen, ist keine Unhöflichkeit und somit die beste Methode, um solche Kriminellen loszuwerden. Grundsätzlich: Melden Sie solche Anrufe und wenn Sie Opfer dieser Tat geworden sein sollten, ist es umso wichtiger, dass Sie Anzeige erstatten! Jeder Hinweis kann helfen. Und zu guter Letzt raten wir: Lassen Sie Ihren Vornamen aus dem Telefonbuch entfernen. Wir machen keine Vorwürfe. Wir wissen, dass es wirklich jedem passieren kann. Aber nur wenn wir wissen, was passiert ist, können wir helfen.
Vielen Dank für das Gespräch
Last modified: 6. Januar 2021