Irena-Sendler-Schule aktiv gegen Diskriminierung
WELLINGSBÜTTEL Vor elf Jahren wurde aus der Peter-Petersen-Schule die Irena-Sendler-Schule, benannt nach einer polnischen Sozialarbeiterin, die im Dritten Reich etwa 2.500 jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto rettete. Deshalb setzt sich die Schulgemeinschaft gegen das Vergessen und gegen Diskriminierung ein.
Von Anja Krenz
„Die Schule ist ja nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch des Miteinanders. Und Rassismus ist nun mal ein zentrales Thema“, sagt Lasse Halisch. „Deshalb ist es wichtig, dass sich eine Schule dazu positioniert.“ Der engagierte 18-Jährige, der im kommenden Jahr Abi machen wird, ist nicht nur Streitschlichter und im vierten Jahr Schulsprecher, er ist außerdem Mitglied der Projektgruppe „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Seit Anfang 2015 ist die Wellingsbütteler Stadtteilschule Teil des bundesweiten Netzwerks, das sich gegen Diskriminierung stellt. „Wir haben die Verpflichtung, darüber zu sprechen und aufzuklären“, erklärt Lasse Halisch.
Da sich die Schule vor allem ihrer Namensgeberin Irena Sendler verpflichtet fühlt, geht es vielfach ums Dritte Reich, „wobei wir immer versuchen, das Erbe zu aktualisieren“, erläutert sein Lehrer Dr. Jens-Frederik Eckholdt. Daher werden auch Themen wie Alltagsrassismus, Gewaltprävention oder Hassreden in sozialen Medien altersgerecht im Unterricht aufgegriffen. Projekte und Reisen helfen, eventuelle Vorurteile zu entkräften und zur Verständigung beizutragen.
Schüleraustausch mit Warschau
Vor der Pandemie gab es für jeden achten Jahrgang einen einwöchigen Schüleraustausch mit der gleichnamigen Partnerschule in Warschau, Oberstufen-Kunstprojekte mit Schülern aus der Ukraine, Polen oder Tschechien an Orten wie Auschwitz oder Neuengamme und gemeinsame Aufenthalte mit polnischen Schülern in einer Jugendherberge bei Swinemünde. „Das war eine großartige Erfahrung, sich trotz der Sprachbarrieren auszutauschen und gemeinsam etwas zu erleben“, sagt Lasse Halisch. Außerdem zeigt die Schulgemeinschaft Menschlichkeit im Sinne Irena Sendlers: In der Adventszeit packt die Schülerschaft persönliche Gegenstände und verschenkt diese an bedürftige Kinder, und alle Jahrgänge backen kistenweise Plätzchen für Obdachlose.
Festakt mit Schulsenator und Pate
Eigentlich sollte 2020 das zehnjährige Namensjubiläum gefeiert werden, es fiel Corona-bedingt aus. So feiert die Schule nun ihren elften und gleichzeitig den 111. Geburtstag von Irena Sendler. Es gibt einen Irena-Sendler-Projekttag, an einem anderen Tag geht es um die Entwicklung künftiger Aktionen, und am Freitag werden die Überlegungen der Klassenstufen ausgewertet. Den Abschluss bildet der gemeinsame „Stundenlauf“, bei dem alle 60 Minuten lang ihren „Schweinehund“ überwinden und einander stützen wollen.
In Anwesenheit von Schulsenator Ties Rabe und Schulpate Dr. Andreas Dressel wird es zudem einen Festakt sowie Musik- und Theaterdarbietungen in der Aula mit geladenen Gästen geben.
„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
Dem bundesweiten Netzwerk, das es seit 1995 gibt, gehören 3.600 Schulen an. In Hamburg sind es 51 – eine davon ist die Irena-Sendler-Schule. Beitrittsbedingungen: mindestens 70 Prozent der Schulmitglieder erklären in einer geheimen Abstimmung, sich aktiv gegen Diskriminierung, insbesondere Rassismus, einzusetzen. Jedes Jahr muss mindestens ein Projekt zum Thema initiiert werden. Ein Pate mit einer klaren Haltung gegen Diskriminierung muss gefunden werden.
Mehr Infos unter: schule-ohne-rassismus.org
Irena Sendler (1910 – 2008)
Die Sozialarbeiterin hatte Zugang zum Warschauer Ghetto, um dort Epidemie-Prävention zu betreiben. So konnte sie etwa 2.500 Kinder regelrecht herausschmuggeln, bei polnischen Familien unterbringen und so vor dem Tod bewahren. Unter einem Apfelbaum soll sie Marmeladengläser vergraben haben. In ihnen befanden sich Zettel, auf denen sie den jüdischen Geburtsnamen und den neuen polnischen Namen eines jeden Kindes vermerkt hatte, sodass diese Kinder später ihre wahre Identität erfahren konnten.
Last modified: 29. September 2021