Alfred Zielke feierte ein kleines, aber feines Fest
VOLKSDORF Schon Tage vor dem großen Ereignis am 11. Dezember war Alfred Zielke mächtig aufgeregt. Kein Wunder: Nicht alle Tage wird man 100 Jahre alt. Der Jubilar lebt in der Volksdorfer Residenz am Wiesenkamp und ist immer noch sehr umtriebig. An seinem Ehrentag bekam er besonderen Besuch: Sein Bruder Ortwin Zielke und dessen Ehefrau ließen es sich nicht nehmen, persönlich zu gratulieren. Selbstverständlich unter den größtmöglichen Sicherheitsvorkerungen: drei Mal geimpft und tagesaktuell getestet.
Spätestens seit seiner Teilnahme als 98-Jähriger in der Sendung „Die Geschichte eines Abends“ mit Olli Schulz (NDR) hat Alfred Zielke eine bundesweite Fangemeinde. Die Sendung wurde für den Grimme-Preis nominiert, wird regelmäßig im Fernsehen wiederholt und ist auch auf Youtube sowie in der ARD-Mediathek abrufbar. Gnadenlos ehrlich und liebenswert verschmitzt berichtete er darin über all das, was das Leben im Alter so mit sich bringt: Knöpfe zumachen, Strümpfe anziehen – „das ist heute alles Schwerarbeit“, sagt Alfred Zielke vor der Kamera. Aber auch im Alter kann man in der Seniorenresidenz noch gute Freunde finden, betont er. Menschen, mit denen man Spaß haben kann, Abende lang.
Seit 2009 wohnt er in der Residenz
Seit 2009 wohnt er in der Volksdorfer Residenz am Wiesenkamp und stieß an seinem Geburtstag in kleiner Runde mit dem Geschäftsführer mit Sekt an. Später freute er sich über den Besuch seines „jüngsten“ Bruders – auch schon 83 Jahre alt. Eine kleine Runde mit Kaffee und Kuchen folgte am Montag – fröhlich trotz Coronabedingungen. Spricht man den 100-Jährigen auf sein langes Leben an, sind einige Momente und Jahre ganz besonders präsent.
Seine berufliche Laufbahn hatte Alfred Zielke 1936 mit einer dreijährigen Tischlerlehre begonnen. Wenig später brach der Zweite Weltkrieg aus – eine Zeit, die er an der Front in Frankreich und als Soldat als Wehrmachtssoldat in Russland verbrachte: „Der 16. März 1945 war mein Schicksalstag. Wir lagen im Wald irgendwo in Ostpreußen. Die russischen Panzer nahmen uns unter Beschuss, die Splitter sausten durch die Baumkronen. Sechs kleine Splitter bohrten sich in meinen Körper. Ich flüchtete durch den Wald bis zu einer Straße. Es kam eine deutsche Fahrzeugkolonne im Galopp vorbei, die nahm mich mit bis zum nächsten Ort. Erst am nächsten Morgen brachte ein LKW mich dann gemeinsam mit anderen Verwundeten in das kleine Braunsberg in Ostpreußen. Dort war das Lazarett untergebracht“, erzählt Alfred Zielke. Momente, die ihm bis heute in Erinnerung sind. Auf abenteuerlichen Wegen – darunter ein Schiff – gelangt er erst nach Schwerin, dann nach Holstein, später, am Ende des Krieges, ist er in der Kaserne in Hamburg-Wandsbek untergebracht.
Arbeit im Tanzlokal und in der Staatsoper
Es wurden immer wieder Leute gesucht, die kleine Arbeiten erledigen konnten. Es gab das bekannte Tanzlokal Weidenstich in Eimsbüttel, ganz mit Brettern vernagelt, das wollte der Besitzer, er hieß Popp, wieder eröffnen. Popp suchte zwei bis drei Arbeiter, so fing ich dort an. „Bis zur Rente habe ich 47 Jahre lang gearbeitet, ich war keinen Tag arbeitslos. Nach der Zeit im Tanzlokal war ich 14 Jahre lang in einer Tischfabrik. Dann, ab 1962, war ich als Techniker bei der Hamburger Staatsoper. 25 Jahre blieb ich dort“, erzählt Alfred Zielke munter. Er hatte das Privileg, das Ensemble bei Gastspielreisen zu begleiten. So ging es 1974 nach Israel und 1984 für vier Wochen nach Japan. „Ich war der Mann für die schwierigen Fälle. Die Malerkollegen haben ein Plakat gemalt: Nicht verzagen, Zielke fragen!“. Der 100-Jährige, der Puzzle mit Tausenden Teilen liebt, sagt über sein Leben: „Ich hatte einen guten Schutzengel und bin über alle Klippen gut hinweggekommen.“ (red)
Last modified: 15. Dezember 2021