Bezirksschornsteinfeger Lothar Arps bekommt bei der Arbeit Küsschen…
VOLKSDORF/ MEIENDORF 2.700 Häuser hat Schornsteinfegermeister Lothar Arps in seinem Kehrbezirk. Unterwegs ist der Rahlstedter rund um den Volksdorfer Wald. Sein Beruf erfordert Schwindelfreiheit, Interesse an Technik und Naturwissenschaften sowie Lust auf soziale Kontakte und Küsse wildfremder Frauen…
Von Anja Krenz
In Meister Arps‘ warmer Stube räkelt sich Terrier-Podenco-Mischling Kalli wohlig auf dem Teppich, während Herrchen am Esstisch sitzt und noch einen Kaffee trinkt, bevor es gleich losgeht: Die Beiden fahren in die Göhrde, wo sich Lothar Arps vor einem Jahr ein Ferienhaus gekauft hat. Dort will er sich beim Spazierengehen mit Kalli erholen und zwischendurch ein bisschen Schreibtischarbeit erledigen. „Als Unternehmer muss man in der Lage sein, strukturiert zu arbeiten – sogar im Urlaub“, sagt der 53-Jährige. „Als Schornsteinfeger hat man keine Sicherheit“, fährt er fort. Man könne immer nur für eine gewisse Zeit planen, so Arps. Denn in gut zwei Jahren muss er sich erneut auf seinen Kehrbezirk rund um den Volksdorfer Wald bewerben. Bezirksschornsteinfeger erhalten ihren Arbeitsbereich immer nur befristet – nach sieben Jahren schreibt die Umweltbehörde den Kehrbezirk neu aus. Innerhalb dieser Zeitspanne müssen die Selbstständigen Punkte sammeln: „Die gibt es zum einen für die Arbeit im Kehrbezirk, zum anderen für die Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen.
Schornsteinfeger müssen Punkte sammeln
Wer am Ende die meisten Punkte hat, bekommt den Bezirk“, erklärt Arps. Allerdings gebe es auch ein ungeschriebenes Innungsgesetz: „Wenn sich ein Schornsteinfeger erneut auf seinen Bezirk bewirbt, ist das in der Ausschreibung immer vermerkt. Und dann lassen die Kollegen in der Regel die Finger davon.“ Deshalb, und natürlich weil auch er fleißig Punkte sammelt, wird Arps seinen angestammten Kunden wohl erhalten bleiben.
Möglicherweise ist diese Unsicherheit einer der Gründe, warum es dem Handwerk an Nachwuchs mangelt: „In Hamburg finden wir pro Jahr nur etwa drei Auszubildende“, sagt Arps. Er vermutet, dass der Beruf, obwohl er in der Bevölkerung anerkannt ist, bei den Jugendlichen nicht „als hip genug gilt. Da gibt’s keine App für.“ Dabei sind die Perspektiven für Azubis gut. Denn im Gesellenbereich gebe es ebenfalls einen großen Fachkräftemangel, so Arps. Er wirbt für seinen Beruf und spricht über die Voraussetzungen, die man mitbringen sollte: „Was man haben muss, ist Interesse an Technik und an der Weiterentwicklung im Energiebereich sowie Lust auf viele verschiedene Kundenkontakte. Nach der dreijährigen Ausbildung ist man hochqualifiziert und verfügt über sehr viel Fachwissen.“ Vom Kehren und Messen werde künftig nicht mehr viel übrigbleiben, meint er. „Das Berufsbild wird sich deutlich verändern und immer mehr in den Bereich der Energieberatung gehen.“ So seien Schornsteinfeger die Ansprechpartner für neue Heizungen, aber auch für die Installation von Rauchwarnmeldern. Arps: „Das ist die wichtigste Sicherheitseinrichtung in jedem Haus – kein Gerät rettet so viele Leben!“
„Jederzeit wieder!“
Wer den Beruf ergreifen will, muss schwindelfrei sein. „Das ist extrem wichtig“, sagt Lothar Arps. Sein höchstes Betätigungsfeld sind die Häuser am Bahnhof Buchenkamp. Wenn er dort ist, nimmt er sich schon mal die Zeit, um den Weitblick zu genießen. Insgesamt fühlt er sich in seinem Bereich sehr wohl: „Es ist ein schöner Bezirk, in dem ich gerne arbeite. Und ich habe einen tollen und netten Kundenstamm, der, als ich krebskrank war, mit sehr viel Geduld alle Widrigkeiten mitgetragen hat.“ Dafür ist er ebenso dankbar wie für spezielle Bräuche, mit denen sich das Schornsteinfegerhandwerk konfrontiert sieht: „Als Glücksbringer werden wir immer noch angefasst und sogar geküsst“, freut sich Arps. „Ich liebe das! Es ist ein schönes Gefühl, wenn man gern gesehen ist und die Leute sich freuen!“ Voller Überzeugung sagt Lothar Arps am Ende: „Ich würde den Beruf jederzeit wieder ergreifen!“
Last modified: 6. Januar 2021