Petra Henze hat es auf‘s Wasser gezogen
KALTEHOFE Petra Henze ist eine echte Hamburger Deern, sie liebt die Stadt und vor allem die Nähe zum Wasser. Deshalb ist die Poppenbüttelerin auf ein Hausboot gezogen und genießt das Leben im Hafen in Kaltehofe.
Von Stephanie Rutke
Manchmal ist der Weg zum Lebenstraum mit Umwegen verbunden. „Ich bin nicht geeignet für das Leben in einer Etagenwohnung“, sagt Petra Henze. Die 54-Jährige arbeitet als Elektroingenieurin und hat noch nie in einer normalen Wohnung gelebt. Die Kindheit hat sie in einer Schule in Poppenbüttel verbracht, in der ihr Vater Schulhausmeister war. Die Hausmeisterwohnung war zeitweise ein umgestalteter Klassenraum. Ungewöhnlich waren auch die Wohnungen auf dem Dach der Umweltbehörde, in der sie als technische Leiterin beschäftigt war, oder eine Dachgeschosswohnung in einem Einkaufszentrum. Dann zog es Petra Henze mit ihrem Mann aufs Land, wo sie glücklich in einem historischen Bauernhaus lebten, bis ihr Partner viel zu früh starb.
„Mir war irgendwann klar, dass ein riesiges Haus mit Garten und Tieren für mich alleine zu viel ist“, erinnert sie sich. „Und den Traum vom Leben auf dem Hausboot gab es schon früher mit meinem Mann.“ Zwei Tage hat sie überlegt, dann stand fest: „Ich ziehe auf ein Hausboot.“ Das neue Zuhause auf dem Wasser sollte allerdings kein gebrauchtes Hausboot sein, sondern maßgeschneidert. „Meine Freunde dachten zunächst, die spinnt“, sagt sie. Aber Henze hat Ernst gemacht.
Mein Zuhause ist da, wo mein Boot ist
Wer ein Leben auf dem Hausboot plant, muss sich zunächst um einen Liegeplatz kümmern. „Ich habe ein Jahr lang gesucht, bis ich einen Platz gefunden habe“, erzählt sie. Dann musste eine passende Werft her, die Hausboote baut. Fündig geworden ist Henze bei der Econ Marine, einer Werft an der Bille. Für Henze sollte es auf jeden Fall ein echtes Hausboot sein und kein Haus auf dem Wasser. „Ich wollte etwas Mobiles haben, denn wenn mir etwas nicht passt, bin ich weg.“
Dann begannen die Planungen. „Der Unterbau ist ein Trimaran“, erklärt die technikaffine Ingenieurin. Mehrere Tanks befinden sich unter dem Boot: Einer für Frisch- und Abwasser, einer mit Benzin zum Fahren und einer mit Diesel zum Heizen. Dazu kommen noch eine eigene Kläranlage und eine Frischwasseraufbereitungsanlage. Damit ist sie völlig autark. Als Brauchwasser an Bord kann sie tatsächlich das Elbwasser nutzen.
Nach sechs Monaten Planungszeit und weiteren 18 Monaten Bauzeit konnte die stolze Besitzerin ihr schwimmendes Zuhause, das sie „Baru“ getauft hat, in Empfang nehmen. Der Umzug war ein riesiger Schritt: Petra Henze hat sich von 220 Quadratmetern Wohnfläche im Haus auf 40 Quadratmeter auf dem Hausboot verkleinert. „Ich habe mich von fast allem getrennt, aber der Umzug vor zwei Jahren von der Werft in den Hafen nach Kaltehofe war der schönste Umzug meines Lebens.“ Es hieß ganz einfach: Leinen los, Motor an und losfahren.
Die „Baru“ bietet allen Komfort: Ein Schlaf- und ein Wohnzimmer mit integrierter Küche, ein modernes Duschbad und als Highlight eine Dachterrasse. Eine Photovoltaikanlage sorgt für Strom. In ihrer Freizeit spielt Petra Henze mehrere Instrumente. Sogar ein Klavier ist an Bord: „Dafür musste die Statik noch mal neu berechnet werden“, erinnert sie sich.
Wer auf einem Hausboot wohnt, lebt mit der Natur und dem Wetter. „Ich habe ganz schnell gelernt, alles an Deck anzubinden“, erklärt sie, denn was bei Wind und Wellen nicht gut gesichert ist, landet auf Nimmerwiedersehen in der Elbe.
Das Leben in dem kleinen Hafen empfindet sie wie echtes Dorfleben, denn auf den benachbarten Booten wohnen Familien mit Kind und Kegel. Auch Petra Henze ist nicht alleine an Bord: Ihre Mannschaft besteht aus den Bootshunden Alvred und Lunke. „Die beiden passen auf mich auf und sie lieben es, Boot zu fahren.“ Manchmal ist das Leben auf dem Wasser hart: Wenn der eiskalte Ostwind weht, ist es schwierig, die „Baru“ warm zu heizen. Aber der traumhafte Ausblick ist die Entschädigung. „Ich wache morgens mit einem Grinsen auf“, sagt Petra Henze.
Last modified: 2. April 2021