Dorothee Martin, Hamburgs SPD-Bundestagsabgeordnete, zu Besuch beim Heimat-Echo
POPPENBÜTTEL Sechs Landtagswahlen und eine Bundestagswahl: 2021 wird das Superwahljahr! Doch gibt es überhaupt noch ein anderes Thema als Corona? „Auf jeden Fall“, sagt Dorothee Martin. Die 42-Jährige ist im Mai 2020 in den Bundestag nachgerückt und vertritt dort unter anderem auch die Interessen der Walddörfer und des Alstertals. Was sie in Berlin genau macht? Das Heimat-Echo hat beim Redaktionsbesuch nachgefragt.
Von Susanne Holz
Die erste Lektion lernte Dorothee Martin schnell, als sie im Mai 2020 in den Bundestag nachrückte: In Berlin trägt man flache Schuhe. Wer Politik macht, muss gut zu Fuß sein. Die Wege vom Büro in die Kantine oder den Plenarsaal sind weit. „Ich kenne keine Kollegin, die nicht ein paar bequeme Schuhe für den Notfall im Schrank stehen hat“, erzählt die 42-Jährige und lacht. Das gilt übrigens auch für Männer, verrät ihr Büroleiter Pascal Jensen, der seine Chefin nicht nur beim Besuch des Heimat-Echo, sondern durch das gesamte Superwahljahr begleitet. Und das Team hat viel vor.
Denn: Auch wenn Corona momentan alles bestimmt, gibt es zahlreiche andere Themen, die den Menschen auf der Seele brennen. Und die sollen auch Berücksichtigung finden: Mobilität, Klimawandel, sichere Arbeitsplätze, gerechte Steuern – die Liste ist lang (siehe auch Drei-Fragen-an rechts). „In Berlin beschäftigt man sich manchmal tagelang mit einer Sache, man glaubt, die Welt redet über nichts anderes als das, beispielsweise den Wirecard-Skandal. Und wenn ich dann in meinen Wahlkreis zurückkomme und mit den Leuten spreche, sehe ich: Es gibt noch zahlreiche andere Dinge, um die wir uns kümmern müssen“, sagt Dorothee Martin.
Die Diplom-Politologin und Chefin einer Kommunikationsagentur lebt in Berlin in den Sitzungswochen in einem kleinen Ein-Zimmer-Appartement außerhalb des Regierungsviertels und mischt sich in ihrem Kiez „Friedrichshain“ so oft wie möglich unter die Leute. Die Devise: S-Bahn fahren, einkaufen oder spazieren gehen – auf jeden Fall regelmäßig raus aus dem Politik-Geschäft, die Welt wie jede andere sehen.
Kaltstart in Berlin in turbulenten Zeiten
2011 startete sie mit ihrer politischen Karriere in der Hamburgischen Bürgerschaft durch und rückte dann 2020 für Johannes Kahrs in den Bundestag nach. Kaltstart in einer Zeit, die turbulenter und herausfordernder nicht hätte sein können. Von einem Tag auf den anderen führt sie als eine von mehr als 700 Abgeordneten das Land durch die Corona-Pandemie. Und das unter erschwerten Bedingungen. „Corona hat alles zu 95 Prozent auf den Kopf gestellt“, erzählt Dorothee Martin aus dem Politik-Alltag. In den Sitzungswochen gibt es nur zwei Tage Präsenzpflicht, ansonsten wird das Land – wie die meisten Firmen – aktuell aus dem Homeoffice geführt.
Neujahrsempfänge, Get-together, kurze informelle Gespräche vor der Kantinentür – all das gibt es aktuell nicht. „Wir haben wie andere auch viele Videokonferenzen, telefonieren viel und schreiben E-Mails“, so Martin. In ihrem Wahlkreis in Hamburg greift sie sogar zu ganz traditionellen Mitteln, um die Menschen zu erreichen – dem klassischen Brief. Gut 200 hat sie vor Weihnachten an Unternehmer aus der Region geschrieben und auf Corona-Hilfen hingewiesen. Sie weiß um die schwierige Lage, in der sich die Geschäftsleute befinden und bittet dennoch sie und alle Bürger um Verständnis für die in Berlin getroffenen Corona-Maßnahmen. „Ziel muss es sein, die Pandemie so schnell wie möglich zu überwinden, damit wir wieder zum normalen Leben übergehen können.“ In Berlin genauso wie in den Walddörfern und im Alstertal.
Drei Fragen an Dorothee Martin
2021 ist das Superwahljahr. Doch wie macht man als Politikerin in diesen Zeiten Wahlkampf. Haben Sie zwei Strategien? Eine mit und eine ohne Corona-Einschränkungen?
Dorothee Martin: Wir haben sogar drei bis vier. Natürlich wünsche ich mir am meisten, dass ich so schnell wie möglich wieder mit den Bürgern persönlich ins Gespräch kommen kann. An Infoständen stehen und hören, was die Menschen bewegt, ist das, was ich am liebsten mache. Ich bin ein Typ für den klassichen Haustür-Wahlkampf, also von Tür zu Tür gehen und reden, reden, reden. Aber mein Team und ich sind natürlich auch darauf vorbereitet, anders in den Dialog zu treten, wir setzen aktuell vermehrt auf Facebook-Sprechstunden, laden Multiplikatoren zu virtuellen runden Tischen ein, kommunizieren über die sozialen Medien.
Corona ist das bestimmende Thema. Mit welchen werden Sie aber in den Wahlkampf gehen?
Ein großes Thema ist Mobilität. Das bewegt im wahrsten Sinne alle Menschen, denn jeder ist mobil. Sie müssen zur Arbeit kommen, zur Schule, zum Arzt, zum Einkaufen. Eine gute Anbindung durch den ÖPNV ist wesentlich. Neulich rief mich eine Ohlsdorferin an und sprach mit mir über eine Einbahnstraßenregelung, die sie ärgerte, anderen brennt die Sanierung der Wellingsbütteler Landstraße unter den Nägeln. In Berlin geben wir die großen Linien vor, aber vor Ort bewegen Geschehnisse direkt vor der eigenen Haustür. Das mitzubekommen, ist sehr wichtig. Weitere Themen, mit denen ich in den Wahlkampf gehen werde, sind die Bereiche Umwelt- und Klimaschutz, die zusammen mit der Mobilität für mich auch Lebensqualität bedeuten. Zudem sitze ich im Finanzausschuss des Bundestages. Deshalb möchte ich das Thema gerechte Steuern auf die Agenda setzen. Eines, auf das ich auch von Bürgern oft angesprochen werde.
Welche Themen bringt Corona quasi mit?
Die Arbeitswelt hat sich verändert, plötzlich haben wir eine andere Situation für Millionen Menschen. Homeoffice ist nur ein Stichwort, die Chancen, aber auch Belastungen, die daraus entstehen, ein weiteres. Wie geht es weiter mit dem Job und der Ausbildung? Wie sieht es aus mit der Möglichkeit, sich lebenslang fortzubilden? Es ist wichtig, dafür Lösungen anzubieten und allen Bürgern Sicherheit durch eine langfristige Perspektive zu geben.
Direkter Draht
Dorothee Martin informiert regelmäßig über die sozialen Medien (Facebook/Instagram) und auf www.dorotheemartin.de über ihre Arbeit und ihre Sprechstunden.
Last modified: 21. Januar 2021