Das Volksparkstadion als Treffpunkt für Sportjournalisten aus Volksdorf
VOLKSDORF/STELLINGEN Martin Groß, Kai Dittmann und Patrick Wasserziehr (Foto v.l.) gehören zu den etablierten Stimmen nationaler und internationaler TV-Übertragungen im Fußballgeschäft. Anlässlich des DFB-Pokal-Halbfinales kamen die drei Meistersprecher in ihrer Heimat zusammen. Das Heimat-Echo sprach mit ihnen über vergangene Zeiten und schaute ihnen bei der Arbeit über die Schulter.
Von Sebastian Conrad
Es ist kurz vor 18 Uhr. In rund zwei Stunden beginnt die Live-Übertragung des DFB-Pokalhalbfinale zwischen dem Hamburger SV und dem SC Freiburg im Volksparkstadion. In den Stadion-Katakomben, vor einem großen SKY-Übertragungswagen, findet die letzte Regiebesprechung für das Fußballspektakel statt. Mit von der Partie sind drei bekennende Nordlichter: Moderator Patrick Wasserziehr (56) aus Volksdorf, Interviewer und Wahl-Hamburger Martin Groß (52), der selbst viele Jahre für den TuS Alstertal kickte, und Spiel-Kommentator Kai Dittmann (55), der seine sportjournalistische Ausbildung in Hamburg „genießen” durfte.
Insgesamt haben die drei nicht nur hunderte Bundesliga-, DFB-Pokal- und Champions-League-Spiele kommentiert, sondern blicken auch auf ereignisreiche Jahre in Hamburg zurück. Während Groß Anfang der 1990er- Jahre seinen Zivildienst im Ev. Amalie Sieveking Krankenhaus absolvierte, startete Dittmann seine Karriere beim NDR an der Rothenbaumchaussee, wo bis heute ein Teil der Bundesliga-konferenz für den ARD-Hörfunk produziert wird. Und währen beide in Erinnerungen an die Heimat schwelgen, hat Wasserziehr vor einigen Jahren seinen Lebensmittelpunkt nach Volksdorf verlegt. „Meine Frau sagt, ich sei der einzige Mensch, den sie kennt, der niemals unzufrieden zur Arbeit geht”, berichtet mir Kai Dittmann, während er sein Arbeitswerkzeug auf der Pressetribüne aufbaut und einrichtet.
Um uns herum sehe ich zwei Monitore, ein Sprecherpult, jede Menge Notizen und natürlich ein großes Headset, welches einer Pilotenausstattung ähnelt. Zwei drei technische Handgriffe und eine kurze Sprechprobe. Nach wenigen Minuten ist alles eingerichtet und Dittmann schenkt mir ungeteilte Aufmerksamkeit. Zuvor sucht er nach einem geeigneten Platz für seine Krücken. „Hüft-OP. Zuletzt ging selbst das Schuhe anziehen nicht mehr”, erklärt er. Schnell wird mir klar, dass seine Frau recht haben muss. Trotz persönlichem Handicap und dem Treiben einiger Techniker um uns herum, macht Kai einen ausgeglichenen und fröhlichen Eindruck. „Nach 22 Jahren bei Premiere, Arena und Sky mache ich das hier immer noch gerne”, sagt der zweifache Familienvater.
Ebenso wie seine beiden Kollegen ist er sich darüber im Klaren, dass es, insbesondere in so unruhigen Krisenzeiten, eine privilegierte Aufgabe ist, Menschen Fußballspiele erklären zu dürfen. „Wir haben unser Hobby zum Beruf gemacht. Wer kann das schon sagen? Da tut etwas Demut ganz gut”, ergänzt Wasserziehr, der am Wochenende gerne mit seinen Kindern beim Hoisbütteler SV Fußball spielt und früher das Trikot von VfL93 getragen hat. Als Moderator des Abends ist er gemeinsam mit Martin Groß für die „Stimmen vor und nach dem Spiel” verantwortlich. Fußballfans kennen Wasserziehr auch als Moderator der Fußballdebatte sky90 und Groß als Nachrichtensprecher des WDR.
Stets im Kontakt mit der Regie sein
Es ist 20.40 Uhr und die Vorberichterstattung zum Spiel, geprägt von angespannten Trainerstimmen, ist abgeschlossen. Wasserziehr und Groß nehmen als Beobachter, stets in Kontakt mit der Regie, am Spielfeldrand Platz, während Dittmann den Fernsehzuschauern die Mannschaftsaufstellungen vorstellt. Engagiert, dynamisch und launig beschreibt er den Zuschauern das, was ich rund 50 Meter vor mir sehe. „Auf ein Elfmeterschießen bin ich so gut vorbereitet, dass es allein aus diesem Grund keins geben wird”, unkt er – und sollte Recht behalten. Endstand 3:1 für Freiburg.
Interviews nach dem Spiel herausfordernd
Kaum ist der Schlusspfiff ertönt, kümmern sich Groß und Wasserziehr um erste Stimmen nach dem Spiel. „Keine leichte Aufgabe, wenn enttäuschte Trainer so kurz nach einer Niederlage Rede und Antwort stehen müssen”, erklärt Groß, der sich als dreifacher Familienvater mit bockigen Gesprächspartnern auskennt. Ebenso gut kennt er sich im Nordosten von Hamburg aus und dachte heute wehmütig an spektakuläre Fußballnachmittage am Saseler Parkweg. Ob als Zivildienstleistender im Krankenhaus, als „Obergefreiter Dittmann” mit Personalverantwortung oder wie in Wasserziehrs Fall, als Schreiberling für eine Bonner Lokalzeitung, die Meistersprecher können auf eine bodenständige Vergangenheit zurückblicken. „Wir drei wissen wo wir herkommen und sind nie abgehoben”, beschreibt Groß den gemeinsamen Nenner ihrer Arbeit. „Das klingt durchschnittlich und darf es auch sein. Auch wenn wir regelmäßig mit vielen Fußballstars zu tun haben, sind wir ganz normale Menschen, die nach der Arbeit gerne ein Bier trinken gehen”, lässt Dittmann mich wissen, der 2008 und 2009 das Champions-League-Finale kommentierte. Besonders gerne trinken die drei das Feierabendbier in ihrer alten Heimat, zu der insbesondere das Volksparkstadion, der Volksdorfer Wochenmarkt, der Elbstrand, das Treppenviertel, die Alster und die hanseatische Mentalität gehören.
Auf diese Dinge werden sie in den kommenden Wochen erst einmal wieder verzichten müssen, da der Endspurt in der Bundesliga und in der Champions League nicht über Hamburg führt. Es sind eben Meistersprecher.
Last modified: 28. April 2022