An der Mellingburger Alsterschleife offenbar kaum Fledermäuse!
POPPENBÜTTEL/ SASEL Emma Hilgenstock, Elfklässlerin am Gymnasium Oberalster, engagiert sich stark für den Fledermausschutz. Gemeinsam mit 15 Mitschülern, ihrem Lehrer, einer NABU-Abordnung und einem Gutachter versuchte sie, Fledermäuse zu fangen, um sie zu vermessen und zu wiegen. Nur eine Einzige ging ins Netz!
Von Anja Krenz
Die totale Idylle ist unweit der Mellingburger Schleuse zu finden: leicht hügelig mit großzügigen Wiesen, Bäumen, Sträuchern, einer kleinen Streuobstwiese, einer Wildblumenwiese, mehreren Tümpeln, in denen Frösche quaken und einer komplett abgestorbenen Rieseneiche, die im öffentlichen Raum längst gefällt wäre und nun diversen Lebewesen eine Heimstatt bietet. Die etwa neun Hektar große Fläche ist allerdings für die Öffentlichkeit nur bei Führungen des NABU betretbar. Denn der Naturschutzbund hat das traumhaft schöne Stück Hamburg vor rund 40 Jahren von der Stadt gepachtet und sorgsam eingezäunt, damit Unbefugte draußen bleiben.
Hier sind noch seltene Arten zu finden wie Neuntöter, Goldammern, Scheckenfalter oder Landkärtchen. Insekten gibt es reichlich – alle Anwesenden klatschen sich ständig auf Arme oder Nacken, weil zahlreiche Mücken heiß aufs menschliche Blut sind. Die Voraussetzungen für Fledermäuse sind also im Grunde perfekt – aber es gibt kaum welche! Schon am Vorabend hat die Gruppe das festgestellt, als sie mit einem Detektor auf der Pirsch war. Ein solches Gerät wandelt die für Menschen nicht wahrnehmbaren Fledermausrufe so um, dass sie hörbar werden. Außerdem kann anhand der spezifischen Rufcharakteristiken und der Frequenzbereiche die Fledermausart bestimmt werden. „Fünf Arten konnten wir identifizieren“, sagt Emma Hilgenstock und zählt wie aus der Pistole geschossen auf: „Zwergfledermaus, Großer Abendsegler, Breitflügelfledermaus, Rauhaut und wahrscheinlich eine Wasserfledermaus.“ Die kann übrigens nicht schwimmen, sondern „fängt ihre Beute über dem Wasser und nutzt ihre Schwanzflughaut als Kescher“, wie die 17-Jährige geduldig erklärt. Gefressen wird im Flug.
„Weg mit den Steingärten“
Inzwischen ist es 21.45 Uhr und die Gruppe baut sechs Fangnetze auf. Dafür werden Erdnägel in den Boden getrieben und Teleskopstangen darübergestülpt, an deren Spitzen die feinmaschigen Netze befestigt werden: neun Meter hoch und jeweils bis zu zwölf Meter lang. Trotz der großen Fläche wird sich an diesem späten Abend nur ein einziges Tier in den Maschen verfangen. „Eine Zwergfledermaus – ein Weibchen, nicht trächtig, wahrscheinlich aus dem letzten Jahr, fünf Gramm schwer, also ziemlich normal“, erzählt Emma am nächsten Tag. Sie ist froh, dass wenigstens die eine kleine Flugdame ins Netz gegangen ist, denn sie hofft, ihren Mitschülern auf diese Weise die Tiere näher zu bringen. „Alle haben sie sehen können und fanden sie supersüß.“
Alexander Heidorn von der NABU-Fledermausschutzgruppe war auch dabei und findet das Ergebnis der Aktion alarmierend: „Das lässt schlimme Rückschlüsse zu!“ Der Population gehe es offensichtlich nicht gut. Gärten sollten natürlicher gestaltet werden – mit heimischen Sträuchern und Pflanzen, „um die Vielfalt und Menge der Insekten zu erhöhen.“
Verantwortung für die Natur
Die seien bekanntermaßen geschrumpft, und er fordert: „Weg mit den Steingärten!“ Emma mag die „auch nicht so gerne – ich bevorzuge Wiesen, die Lebensräume darstellen.“ Man müsse bedenken, meint sie, „wir sind ein Teil der Natur. Wir wohnen quasi auf einem Teil der Natur. Deshalb haben wir eine Verantwortung.“ Blumen für Insekten anzubieten, betont Emma, sei „die Grundlage für ganz viele Lebensräume.“ Die Menschen sollten sich „ein bisschen mehr Gedanken um die Natur machen, sich mehr darum kümmern und schauen, was für Auswirkungen ihr Handeln hat.“
Naturkundliche NABU-Führungen an der Mellingburger Alsterschleife: nabu.de/spenden-und-mitmachen/termine/
Last modified: 23. Juni 2021